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Ist die Reparatur ein Anachronismus?

Vor vierzig Jahres war der Berufsstand des Radio- und Fernsehtechnikers sehr angesehen und die jungen Leute haben sich um die Ausbildungsplätze gerissen. Die Radio- und Fernsehtechniker saßen mit weißen Kitteln in ihren Werkstätten. Vor 50 Jahren war sicher auch der Schumacher noch ein angesehener Handwerker.

Heute wollen dieselben jungen Leute eher Industrie- oder Bankkaufmann werden, an den Ausbildungsberuf Schumacher ist gar nicht mehr zu denken. Den Bedarf, einen Fernseher zu reparieren gibt es kaum noch. Und wer lässt sich noch Schuhe schustern oder auch nur reparieren? Die Technik bei den Fernsehern ist so robust, dass diese die Garantiezeit locker übersteht. Geht das gute Stück nach der Garantie kaputt, freut sich der Besitzer vermutlich insgeheim und kauft sich einen neuen Fernseher mit der neusten aktuellen Technologie. Auf die Idee einen solchen Fernseher, der im Schnitt vermutlich erst nach zehn oder mehr Jahren in die Binsen geht, kommt eigentlich niemand. Diese defekten Fernseher können dann nach der Elektronikschrottverordnung entsorgt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Preise für Fernsehgeräte in einem ähnlich freien Fall sind wie die Preise für Festplatten. Bei Schuhen sind die Modezyklen so kurz, dass insbesondere die Frauen sich quasi freuen, wenn die Schuhe endlich kaputt "gegangen" sind.

Aus den beschriebenen Faktoren heraus hat sich eine bedauernswerte Wegwerfmentalität entwickelt. Angesichts der nicht gerade atemberaubenden Geschwindigkeit des technischen Fortschritts bei Fernsehgeräten (Videotext und Farbe gab es auch schon in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts) könnte man doch einen Besitzerstolz zu "seinem" Fernseher entwickeln und beim Nachbarn angeben, dass der eigenen Fernsehapparat schon 30 Jahre alt ist. Vermutlich wird man aber niemanden finden, der einem das gute Stück noch repariert. Stattdessen gibt es dann einen neuen "Made in China" zu super, duper, mega Sonderpreis im Mediamarkt ("Ich bin doch nicht blöd"). Aber was soll es, dann gibt es eben mal wieder einen neuen Fernseher. Auch damit kann man vielleicht den einen oder anderen Nachbarn heute noch beeindrucken. Bei Schuhen ist ohnehin Hopfen und Malz verloren, denn wir leben in einer Welt der Hyperaktivität.

Von: Klaus-Martin Meyer ]


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